Opfergruppen
Ausgehend vom Gräbergesetz lassen sich die Bestatteten unterschiedlichen Opfergruppen zuordnen. Auf dem Neuen Katholischen Friedhof sind Häftlinge der Justiz, Polizei und aus Konzentrationslagern, Zwangsarbeiter:innen, Vertriebene, Zivilist:innen, Umsiedler:innen, Soldaten beider Weltkriege und Anstaltspatient:innen beerdigt.

Anteil der einzelnen Opfergruppen an den 1.200 bestatteten Opfern von Gewalt und Krieg
© StSG/GSMP, 2024
Justizhäftlinge
Die rund 500 Justizgefangenen sind die größte Gruppe unter den 1.200 Opfern von Gewalt und Krieg auf diesem Friedhof. Mehrheitlich starben sie nach einem Todesurteil im Richthof des Dresdner Landgerichts am Münchner Platz unter der Guillotine. 350 der bestatteten Justizgefangenen waren tschechischer Nationalität, gefolgt von knapp achtzig Pol:innen und über dreißig deutschen Justizhäftlingen.
Von den Justizgefangenen, die nicht hingerichtet wurden, starben fünfzehn Häftlinge infolge von Infektionskrankheiten, fünf töteten sich selbst, bei zwei Gefangenen ist die Todesursache nicht bekannt. Drei Justizgefangene kamen im Gerichtsgefängnis in der George-Bähr-Straße bei den Bombenangriffen auf Dresden Mitte Februar 1945 ums Leben.
Überwiegend hatten die Justizgefangenen ihren Lebensmittelpunkt vor ihrer Verhaftung außerhalb Dresdens: im Protektorat Böhmen und Mähren, dem Reichsgau Sudetenland sowie im Reichsgau Wartheland. Sie wurden für die Gerichtsverhandlung bzw. die Vollstreckung des Todesurteils nach Dresden verbracht. Etwa vierzig ausschließlich männliche Justizgefangene waren vor ihrer Inhaftnahme als zivile Zwangsarbeiter in Sachsen, der Franzose Yves Joël Anglès d’Auriac im Reichsgau Sudetenland beschäftigt.
Über sechzig Prozent der hingerichteten Justizgefangenen waren aus politischen Gründen zum Tode verurteilt worden – mehrheitlich vom Volksgerichtshof, der seit Anfang 1943 regelmäßig in Dresden tagte, oder von den Oberlandesgerichten Dresden, Leitmeritz und Posen. Sie hatten sich aktiv gegen die deutsche Besatzungsherrschaft aufgelehnt oder das NS-Regime kritisiert, etwa indem sie Zweifel an einem deutschen Kriegserfolg geäußert hatten.
Mehr als ein Drittel der Hinrichtungsopfer waren von Sondergerichten in Dresden, Chemnitz, Leipzig und Prag verurteilt worden. Die knapp hundert vom Sondergericht Prag Verurteilten stellten die größte Gruppe, obwohl Todesurteile dieses Gerichts nur bis Frühjahr 1943 in Dresden vollstreckt wurden. Überwiegend hatten die Sondergerichte sie wegen leichterer krimineller Delikte zum Tode verurteilt: wegen Diebstählen, Hehlerei oder Schwarzschlachtungen.
Die Justizgefangenen waren überwiegend römisch-katholischer Konfession. Darunter war der tschechische Kaufmann Osvald Neumann, der vom Judentum zum Katholizismus konvertiert war. Nur rund dreißig Justizhäftlinge gehörten einer anderen Konfession an oder waren konfessionslos.
Bis auf Václav Kropáček und František Procházka, deren menschliche Überreste ihre Familien in den 1960er-Jahren in ihre tschechische Heimat überführen ließen, sind die Justizgefangenen bis heute hier bestattet.
Polizeihäftlinge
Auf diesem Friedhof sind dreißig Polizeihäftlinge bestattet, darunter zwei Frauen. Als offizielle Todesursache wurde in acht Fällen Selbsttötung angegeben. Die übrigen Gefangenen der Dresdner Polizei starben an Infektionskrankheiten. Ob zumindest in einigen Fällen polizeiliche Gewalt den Tod verschuldet oder mitverschuldet hat, ist nicht bekannt.
Von den Polizeigefangenen war die Hälfte polnischer Nationalität. Von vierzehn Häftlingen ist bekannt, dass sie vor ihrer Inhaftierung Zwangsarbeit leisten musste. Über den Grund der polizeilichen Verhaftung ist nur im Falle des Italieners Arnaldo Barbieri Näheres bekannt.
Fünfzehn Inhaftierte kamen im Dresdner Polizeigefängnis in der Schießgasse 7 ums Leben. Von zehn Männern ist ihre polizeiliche Unterbringung in Barackenlagern rund um den benachbarten Zeughausplatz bekannt. Fünf Polizeihäftlinge starben in Dresdner Krankenhäusern.
KZ-Häftlinge
Mindestens drei deutsche Konzentrationslager-Häftlinge sind auf dem Neuen Katholischen Friedhof bestattet. Ihre Urnen wurden dem Friedhof aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Mauthausen sowie der Tötungsanstalt Bernburg überstellt. Bernhard Janetzky und Hans Müller wurden auf Initiative ihrer Angehörigen im Familiengrab bestattet, Wilhelm Koch wurde auf Kosten der Fürsorge beigesetzt.
Anders als Bernhard Janetzkyund Hans Müller stammte Wilhelm Koch nicht aus Dresden. Sein Geburts- und letzter Wohnort war ein niederschlesisches Dorf. Wilhelm Koch war im Rahmen der „Sonderbehandlung 14f13“ aus dem KZ Flossenbürg in die Tötungsanstalt Bernburg deportiert und dort ermordet worden. Warum er in Dresden bestattet wurde, ist nicht bekannt.
Zivile Zwangsarbeiter:innen
Die rund 270 zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten bilden die zweitgrößte Opfergruppe unter den Bestatteten auf diesem Friedhof. Dieser Gruppe sind auch 45 Säuglinge und Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen zugeordnet, die in den Herkunftsländern ihrer Mütter oder in Dresden geboren wurden.
Über fünfzig weitere Männer und Frauen mussten in Dresden oder andernorts zivile Zwangsarbeit leisten, bevor sie in Justiz- bzw. Polizeihaft ihr Leben verloren. Sie sind daher der Opfergruppe der Justiz- bzw. Polizeihäftlinge zugeordnet.
Etwa ein Viertel der Bestatteten war weiblich. Rund ein Drittel der Verstorbenen, darunter auch über zwanzig Säuglinge und Kinder war polnischer Nationalität. Eine weitere größere Gruppe stammte aus der Sowjetunion und war überwiegend ukrainischer Nationalität. Polnische und osteuropäische Arbeitskräfte waren einem rassistischen Sonderrecht unterworfen. Unter den Zwangsarbeiter:innen aus Westeuropa, die größere individuelle Freiheiten hatten, überwogen mit über fünfzig Frauen, Männer und Kindern die Angehörigen französischer Nationalität.
Von den knapp zwanzig ausschließlich männlichen italienischen Zwangsarbeitern waren einige freiwillig nach Sachsen gekommen, als Deutschland und Italien noch Bündnispartner waren. Danach mussten sie zwangsweise weiter in Deutschland arbeiten. Andere waren Kriegsgefangene, die als sogenannte „Italienische Militärinternierte“ Zwangsarbeit leisten mussten.
Von über zwei Drittel der bestatteten Zwangsarbeiter:innen ist ihre Unterbringung in Lagern bekannt, andere wohnten zur Untermiete oder in Gasthäusern. Die rund sechzig Lager allein in Dresden, in denen die Menschen zuvor gelebt hatten, verteilten sich über das gesamte Stadtgebiet. Darunter befanden sich Lager größerer und kleinerer Wirtschaftsbetriebe, die teilweise direkt für die Rüstungsindustrie produzierten, aber auch solche von städtischen oder staatlichen Arbeitgebern wie der Dresdner Straßenbahn AG und der Deutschen Reichbahn.
Etwa dreißig zivile Zwangsarbeiter:innen waren den Friedhofsbüchern zufolge vor ihrem Tod in Auffang- und Durchgangslagern in der Bremer Straße untergebracht. In dieser Straße in unmittelbarer Nachbarschaft des Friedhofs befanden sich mehrere Barackenlager, die teils Firmen, teils die Stadt Dresden unterhielten. Über zwanzig männliche Zwangsarbeiter waren als Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn in verschiedenen betriebseigenen Wohnlagern untergebracht, so im Lager „Nizza“ in der Hamburger Straße 39/41, im Lager „Keglerheim“ in der Friedrichstraße 10/12, im Lager „Stadt Petersburg“ bei der Frauenkirche, im Lager „Gröbelschule“ in der Gröbelstraße 3, in Lagern am Emmerich-Ambros-Ufer und in Cossebaude. Fünf polnische Zwangsarbeiter lebten im Gemeinschaftslager „Glück auf“ des Dresdner Kohlenhandels in der Winterbergstraße 52.
Elf Zwangsarbeiter:innen, darunter vier Frauen, deren Kinder kurz nach der Geburt starben, waren im Lager Seidnitz der Zeiss-Ikon AG in der Bodenbacher Straße 152/154 untergebracht. Vier später verstorbene Säuglinge bzw. Kleinkinder mussten von ihren Müttern zwangsweise in der im Mai 1943 eingerichteten sogenannten Ausländerkinder-Pflegestätte „Lager Kiesgrube“ im Dresdner Norden abgegeben bzw. nach der Entbindung dort gelassen werden, damit diese ihre Arbeitskraft weiter in den Dienst des Deutschen Reichs stellen konnten. Darunter befand sich auch das französische Kleinkind Erika Nottet.
Die auf dem Neuen Katholischen Friedhof bestatteten Zwangsarbeiter:innen kamen zwischen Oktober 1941 und Ende April 1945 um Leben. Weitere sechs Frauen und Männer starben nach Kriegsende bis Juli 1945, als sie bereits keine Zwangsarbeit mehr leisten mussten.
Die Zwangsarbeiter:innen bildeten unter den Bestatteten die jüngste Opfergruppe. Etwa ein Drittel war zwischen 1920 und 1928 geboren und zum Zeitpunkt des Todes Mitte zwanzig und jünger, die jüngsten starben im Alter von 16 Jahren.
Von mehr als der Hälfte der Zwangsarbeiter:innen ist bekannt, dass sie in den Dresdner Stadtkrankenhäusern in Friedrichstadt, in Johannstadt und in der Löbtauer Straße oder in einem Hilfskrankenhaus am Strehlener Platz starben. Sechs Säuglinge und Kleinkinder wurden vor ihrem Tod in die Kinderheilanstalt in der Chemnitzer Straße 14 überführt. Der Krankheitsverlauf etwa von Veronika Kapitanowa lässt darauf schließen, dass Erkrankte unzureichend behandelt bzw. so spät in Krankenhäuser eingeliefert wurden, dass ihr Leben nicht mehr gerettet werden konnte. Dafür spricht auch, dass mindestens drei weitere Zwangsarbeiter:innen auf dem Transport ins Krankenhaus starben. Die meisten anderen starben in den Lagern selbst.
Die Todesursachen stehen in einem ursächlichen Zusammenhang mit den schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen. Häufig werden in den Bestattungsbüchern Tuberkulose oder Lungenentzündung angegeben. Auch unspezifische Angaben wie Herzmuskelschwäche sind darauf zurückzuführen. Über zehn Zwangarbeiter:innen starben bei Arbeitsunfällen, etwa infolge von Vergiftungen. Aufgrund von unzureichenden Schutzvorkehrungen waren sie besonders gefährdet. Das gilt auch für die Luftangriffe, denen die Gruppe der Zwangsarbeiter:innen besonders schutzlos ausgesetzt war. Insgesamt 37 Zwangsarbeiter:innen kamen bei den alliierten Bombenangriffen am 7. Oktober 1944, am 16. Januar 1945 oder am 17. April 1945 ums Leben.
Die menschlichen Überreste von insgesamt dreißig französischen, belgischen und italienischen Zwangarbeiter:innen liegen nicht mehr auf dem Neuen Katholischen Friedhof. Bergungskommandos aus Belgien und Frankreich ließen die Leichname vom zwanzig ihrer Staatsangehörigen Ende April 1948 auf den Französischen Nationalfriedhof in Berlin-Frohnau überführen. Dieser war 1946 als Sammelfriedhof für Kriegsgefangene, Konzentrationslagerhäftlinge und Zwangsarbeiter:innen aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, und Luxemburg angelegt worden, die in Berlin und Umgebung umgekommen waren. Einige Leichname, darunter der von Odette Pot, wurde nach der Auflösung des Französischen Nationalfriedhof 1954 auf den Berliner Friedhof Heiligensee umgebettet. Als die italienischen Behörden 1992 ihre in Ostdeutschland bestatteten Staatsangehörigen nach Italien überführen ließen, waren darunter auch die Leichname von zehn auf dem Neuen Katholischen Friedhof Bestatteten. Die Überführung in Gebeinkisten erfolgte über eine Kaserne in Zeithain als Zwischenlager und von dort nach Monfalcone bei Triest. Die menschlichen Überreste der übrigen französischen, belgischen und italienischen Staatsangehörigen ließen sich nicht exhumieren, etwa weil die Gräber eingeebnet und neu belegt worden waren.
Anstaltsinsass:innen
Auf dem Neuen Katholischen Friedhof sind sieben psychisch oder geistig beeinträchtigte Frauen und Männer bestattet worden, die im Zuge der NS-Krankenmorde in den Jahren 1940/41 umgebracht worden sind. Sie wurden in den Tötungsanstalten Bernburg, Hadamar, Hartheim oder Pirna-Sonnenstein vergast. Die auf dem Friedhof beigesetzten Urnen enthalten Aschereste, die keiner Person zuzuordnen sind.
Den Familien war das nicht bekannt. Sie wurden in dem Glauben gelassen, dass es sich um die Asche ihrer Angehörigen handelte. Die meisten Urnen, etwa die von Monika Lauth, wurden in einer bestehenden Familiengrabstätte beerdigt. Arthur Zinn, der evangelisch war, wurde wohl ohne Wissen der Angehörigen bestattet.
Ein Bestatteter kam in der Landesanstalt Großschweidnitz um Leben, einer Einrichtung, die Patient:innen medikamentös ermordete. Ob er gezielt getötet wurde oder aufgrund seines hohen Alters eines „natürlichen“ Todes starb, ist nicht gewiss.
Weitere drei Bestattete starben in den sächsischen Landesanstalten Arnsdorf, Hochweitzschen und Zschadraß, die keine Medikamenteneuthanasie praktizierten. Sie starben infolge der er mit Kriegsbeginn deutlich reduzierten Versorgung.
Kein Grab eines Euthananieopfers wurde nach dem Gräbergesetz anerkannt – höchstwahrscheinlich, weil sie nicht als Opfer der Krankenmorde erkannt wurden.
Zivilist:innen
Vierzig deutsche zivile Opfer der Bombenangriffe auf Dresden sind auf dem Neuen Katholischen Friedhof bestattet. Gut die Hälfte kam bei den Angriffen Mitte Februar 1945 ums Leben. Die übrigen Frauen, Männer und Kinder starben infolge der Bombardements vom 7. Oktober 1944, 16. Januar und 17. April 1945. Hinzu kommt der Lehrling Wolfgang Graf, der bei dem Angriff auf Pirna am 19. April 1945 starb.
Insgesamt neun Frauen und Männer kamen am 13./14. Februar 1945 ums Leben, als das zentrale Verwaltungsgebäude der katholischen Kirche in Dresden und Sachsen, das sogenannte Geistliche Haus in der Schloßstraße 32 zerstört wurde. Unter den Toten waren neben einem Mitarbeiter des dort ansässigen Kapellknabeninstituts und seiner Frau sechs weibliche Ordensangehörige, darunter Magdalene Wodarz (Schwester Maria Sofia) und der Franziskanerpater Vitus Frankrone (Pater Adeodat).
Als Opfer des feindlichen „Bombenterrors“ – so die Formulierung in den Bestattungsbüchern – wurde über die Hälfte der Toten in einem Grabfeld gemeinsam mit Soldaten des Zweiten Weltkriegs bestattet. Unter den Bestatteten ist auch Anna Melzer, die mit ihren drei Kindern am 16. Januar 1944 in ihrer Wohnung auf dem Jagdweg 13 Wilsdruffer Vorstadt umkam.
Soldaten des Ersten Weltkriegs
Zu dieser Gruppe gehören elf Soldaten, die meist aus Dresden stammten. Sie erlagen bis Kriegsende in Reservelazaretten ihren Schussverletzungen oder einer Infektionskrankheit. Zehn Soldaten, darunter der Lehrer Robert Krengel, wurden im Grabfeld F beigesetzt. Dort steht bis heute ein Hochkreuz, das mutmaßlich an die Gruppe der Soldaten erinnern soll.
Acht weitere Männer starben zwischen 1926 und 1941 an den gesundheitlichen Folgen ihres Kriegseinsatzes. Heute existiert keines der Gräber mehr.
Soldaten und Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs
Zu dieser Gruppe gehören zwölf Soldaten und 16 Kriegsgefangene. Die Soldaten waren zwischen 1942 und 1944 an Schussverletzungen oder Infektionskrankheiten in Reservelazaretten gestorben. Die Kriegsgefangenen konnten nach der Entlassung aus der Gefangenschaft nicht mehr in ihre Herkunftsorte in den ehemaligen deutschen Ostgebieten zurückkehren und gelangten auf ihrem Weg in Richtung Westen nach Dresden.
Manche Soldaten stammten aus Dresden, andere starben in Dresden. Ein Soldat der Litauischen Ersatz-Kompanie Dresden gehörte zu den litauischen Freiwilligen, die sich Anfang 1944 angesichts der bevorstehenden erneuten Okkupation des Landes durch die Rote Armee zum Dienst in der Wehrmacht gemeldet hatten.
Die Kriegsgefangenen starben zwischen der zweiten Jahreshälfte 1945 und Anfang 1946 in Krankenhäusern oder Behelfskrankenhäuern an Infektionskrankheiten oder den Spätfolgen von Verletzungen. Josef Bauer starb in einem Auffanglager für Kriegsgefangene.
Angehörige militärähnlicher Dienste im Zweiten Weltkrieg
Drei Frauen und sechs Männer standen vor ihrem Tod als Wehrmachtangestellte, Polizisten oder als Nachrichtenhelferin in Diensten des NS-Regimes. Darunter ist auch Josef Kapturauskas, ein litauischer Ingenieur, der bei der Organisation Todt, einer paramilitärischen Bautruppe tätig war. Zwei Polizeiwachtmeister starben mutmaßlich während ihres dienstlichen Einsatzes bei den Bombenangriffen Mitte April 1945.
Umsiedler:innen
Knapp dreißig auf dem Friedhof Bestattete waren sogenannte „Volksdeutsche“. Sie waren im Zuge von Umsiedlungsaktionen der NS-Behörden ins Deutsche Reich gebracht worden – mit dem Ziel einer Ansiedlung in vormals polnischen Staatsgebieten. Überwiegend besaßen sie die jugoslawische oder wie Rosa Feibel die rumänische Staatsangehörigkeit, weil sie aus den dortigen deutschen Siedlungsgebieten stammten.
Die Siedlungsgebiete lagen in der Untersteiermark bzw. Oberkrain (Jugoslawien) sowie in der Bukowina (Rumänien). Auch eine Schwarzmeerdeutsche aus dem russischen Teil der Sowjetunion liegt hier bestattet. Die Frauen, Männer und Kinder mussten im Reich ein Eignungsverfahren, die sogenannte „Schleusung“, durchlaufen. Sofern sie die „rassischen“ und gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllten, erhielten sie die deutsche Staatsangehörigkeit. In den vormals polnischen Staatsgebieten sollten sie die „Germanisierung“ vorantreiben. Die Umsiedler:innen starben zwischen Mitte 1941 und Anfang 1945 an Infektionskrankheiten, überwiegend in Dresdner Krankenhäusern. Einige starben auch in den Lagern selbst. Dort waren die Familien ortsweise für das Prüfungsverfahren oder – nach dessen Abschluss – als Durchgangsstation vor der Ansiedlung untergebracht: im Kurhaus Bühlau am Ullersdorfer Platz, in der Tonhalle in der Glacisstraße 28, in Volksschulen in der Ehrlichstraße 1, der Oppelstraße 37 oder der Wallwitzstraße 20, aber auch in Lagern in Freiberg, Geising oder Johanngeorgenstadt.
Vertriebene
Die über 260 Geflüchteten und zwangsweise Vertriebenen deutscher Nationalität stammten mehrheitlich aus dem Sudetengebiet und aus Niederschlesien. Mehr als die Hälfte starb bis zum Jahresende 1945. Sie hatten ihre Heimatorte im Zuge der sogenannten „wilden“ Vertreibungen bis Herbst 1945 verlassen müssen. Bei den später Verstorbenen war die Aussiedelung geregelter von statten gegangen.
Die in Dresden Ankommenden wurden städtischen Quarantänelagern zugewiesen, unabhängig davon, ob sie sich in Sachsen dauerhaft niederlassen wollten oder ob Dresden nur Durchgangsstation war. Die über 80 Vertriebenen, deren letzter Aufenthaltsort bekannt ist, waren unter anderem in Lagern im Industriegelände in der Königsbrücker Straße, am Neustädter Bahnhof oder in der Paul-Schrader-Straße in der Albertstadt untergebracht. Das Lager in der Neuländer Straße 29 in Dresden-Trachau hatte bis Kriegsende die Firma Zeiss-Ikon für Zwangsarbeiter:innen genutzt. Weitere Vertriebene waren in Lagern einquartiert, die in Dresdner Schulen unter anderem in der Saalhausener Straße 61, Marschallstraße 21, der Zinzendorfstraße 15, der Rothenburger Straße 35, der Nöthnitzer Straße 6, der Wachsbleichstraße 6 oder der Ehrlichstraße 1 einquartiert waren. Manche hatte zuvor Umsiedler:innen beherbergt.
Bei über einem Drittel der später auf dem Neuen Katholischen Friedhof Bestatteten war in einem Barackenlager in der Bremer Straße 25 untergebracht, das die Firma Seidel & Naumann zuvor für die Unterbringung ziviler Zwangsarbeiter:innen verwendet hatte.
Weitere Vertriebene waren unter anderem in der Neuländer Straße 29 in Dresden-Trachau einquartiert. Die dortigen Baracken hatte bis Kriegsende die Firma Zeiss-Ikon für Zwangsarbeiter:innen genutzt. Wie katastrophal die Zustände dort in Vergangenheit und Gegenwart waren, verdeutlicht ein kurz nach Kriegsende verfasster Inspektionsbericht.
„Hier übertrifft eine Krankheit die andere. Krebszustände äußerlich Gesicht Hals eiternde Wunde, sodass die Maden drumherum laufen. Seit Freitag sind mir da Leute hinbefördert worden, welche nur Krankenhausaufnahme-bedürftig sind. Es sind Leute, die nur dahinsiechen, sowie Geisteskranke, Tbc-Leute, Di, Ausschlag, Durchfall, Ruhr, ja wenn nicht sogar Typhuserscheinungen, Gelähmte beider Füße, Krüppel, Unterernährte, rachitisch usw. […] Heute meinte ein Arzt: ‚Für diese ist das Todesurteil gesprochen‘. Gestern ist wieder ein Kind verstorben.“
Friedrich Heslach, Samariterkolonne I, an das Gesundheitsamt Dresden, 14.8.1945 (Auszug zum Lager Neuländer Straße 29) © Stadtarchiv Dresden, 4.1.10, Nr. 42
Über zwei Drittel der Vertriebenen, darunter Elisabeth von Foerster und Karl Margner, starben in Dresdner Krankenhäusern oder Behelfskrankenhäusern, überwiegend in den Stadtkrankenhäusern Friedrichstadt und Löbtauer Straße.
Das Lebensalter der Vertriebenen, die sich etwa gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilten, lag zum Zeitpunkt ihres Todes durchschnittlich weit über demjenigen der übrigen Opfergruppen. Über die Hälfte war in den 1860er- und 1870er-Jahren geboren. Das Geburtsjahr von zehn weiteren Frauen und Männer lag sogar bereits in den 1850er-Jahren. Der Älteste, der 1854 geborene Landwirt Josef Hanke, starb im Alter von 91 Jahren im Stadtkrankenhaus Löbtauer Straße an einer Lungenentzündung. Diese und weitere Infektionskrankheiten dominerten die in den Friedhofsbüchern vermerkten Todesursachen ebenso wie Alters-, und Herz- bzw. Kreislaufschwäche.

Verteilung der rund siebzig bestatteten Säuglinge und Kinder auf einzelne Opfergruppen
© StSG/GSMP, 2024
Säuglinge und Kinder
Knapp siebzig Bestattete starben im Kindesalter. Häufig wurden sie nur wenige Tage oder Wochen alt. Drei Viertel von ihnen hatten eine zivile Zwangsarbeiterin als Mutter, zwölf eine Vertriebene, fünf eine Umsiedlerin und vier eine Zivilistin. Die Kinder von Zwangsarbeiterinnen, Umsiedlerinnen und Vertriebenen waren mit ihren Müttern bzw. Familien in Lagern in Dresden und Umgebung untergebracht.
Rund drei Viertel der Zwangsarbeiterinnen brachten ihre Kinder nicht in ihren Herkunftsländern, sondern in Dresden und Umgebung zur Welt. Ebenso wie bei den Kindern von Vertriebenen und Umsiedlerinnen verweisen Angaben zur Todesursache wie „Ernährungsstörung“, „Lebensschwäche“ ebenso wie Diphterie oder Lungenentzündung auf die völlig unzureichende medizinische und pflegerische Versorgung von (werdenden) Müttern und Kindern und die Zustände in den Lagern. Anna Wochnik etwa überlebte die Geburt ihrer Tochter, die ihrerseits sieben Stunden später starb, nicht. Ganz überwiegend starben die Säuglinge und Kleinkinder dieser Opfergruppen in Krankenhäusern, davon sieben in der Kinderheilanstalt in der Chemnitzer Straße 14. Darunter befanden sich auch Kinder polnischer und sowjetischer Zwangsarbeiterinnen, die aus der Ausländerkinder-Pflegestätte „Lager Kiesgrube“ überführt worden waren. Das Beispiel der Französin Erika Nottet verdeutlicht, dass auch Kinder von westeuropäischen Zwangsarbeiterinnen dort untergebracht waren.
Todesursache Luftangriff
Insgesamt 83 Frauen, Männer und Kinder, die bei Luftangriffen auf Dresden seit Oktober 1944 ums Leben kamen, sind auf diesem Friedhof bestattet. Vierzig, darunter sechs weibliche Ordensangehörigen und zwei Geistliche waren deutsche Zivilist:innen. Mit 37 starben fast genauso viele Zwangsarbeiter:innen bei den Angriffen, außerdem drei Justizgefangene, zwei Polizisten und eine Wehrmachtangestellte.
Die Gräber von Ordensangehörigen und Geistlichen sind bis heute erhalten.
Auf wenigen noch bestehenden Familiengräbern auf dem Friedhof erinnern darüber hinaus bis heute Grabsteine symbolisch an Angehörige, die bei den Luftangriffen Mitte Februar 1945 oder als Soldaten im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen.

Die 83 Toten infolge alliierter Luftangriffe nach Opfergruppen
© StSG/GSMP, 2024

Anteil der Toten infolge alliierter Luftangriffe an allen 1.200 Opfern
© StSG/GSMP, 2024